'Digital Detox' - 24h ohne Smartphone. Das Selbstexperiment.

26.02.2016
'Digital Detox'......dahinter verbergen sich 24h kalter Entzug. Ich stand dem Experiment kritisch gegenüber, da ich mir natürlich absolut bewusst bin, welche Rolle das Handy in meinem Beruf einnimmt. Ich bin auf mein Handy im Job angewiesen. Mir war es daher nicht möglich, dass Handy während der Arbeitszeit komplett auszuschalten. Dennoch war ich unglaublich gespannt auf meine Erkenntnisse und Gefühle. Kann das Unmögliche vielleicht doch wahr werden? Welche Rolle hat mein Handy in meinem Leben eingenommen? Könnte ich noch darauf verzichten? Ich habe meine Erkenntnisse und Gedanken zum Selbstexperiment für euch ganz genau dokumentiert.

Das Protokoll meines gescheiterten Experiments:

23.02.2016 kurz nach 12:00 Uhr - iMessage
Obwohl mir klar war, dass das Experiment für mich persönlich schon schnell zu scheitern droht war ich überrascht, dass es letztendlich so so schnell ging. Lisch und ich begannen unser Experiment um 12:00 Uhr. Und schon kurz nach 12:00 Uhr sendete ich meinem Chef eine Nachricht. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich seine Nachricht wohl schlecht unbeantwortet lassen konnte mit der Begründung: "Du, sorry. Ich mache gerade ein Experiment." Er hätte mir wohl einen Vogel gezeigt, wenn ich ihm mit dieser Begründung gekommen wäre - verständlicherweise. Deswegen kam es für mich auch einfach nicht in Frage, mein Handy komplett auszuschalten. Während meiner Arbeitszeit hat mein Chef höchste Priorität. Und während ich auf Arbeit bin, muss mein Blog zurückstecken. Die Kommunikation per Nachricht mit dem Chef ist fester Bestandteil meines Arbeitslebens, da er als Abgeordneter mehr unterwegs ist als im Büro zu sein und es immer mal wieder Nachfragen und Absprachen gibt - und geben muss. Erste kleine Notiz für mein virtuelles 'Digital Detox' Tagebuch: Arbeitsalltag ohne Handy - unmöglich. Aaaaaaber ich war dennoch total optimistisch.

23.02.2016 12:27 Uhr - Whats App Nachricht
Nur 20 Minuten später vibrierte mein Handy auf dem Schreibtisch. Ich nahm es in die Hand, schaute auf dem Display und im selben Moment fiel es mir wie Schuppen vor die Augen: das Experiment. Gescheitert, Klappe die 2. Ich war weniger darüber erschrocken, dass das Experiment zum zweiten Mal gescheitert war, sondern viel mehr darüber wie selbstverständlich es ist, auf das Handy zu schauen sobald es aufleuchtet und vibriert. Eine Angewohnheit, die mir definitiv nicht gefällt. Es passiert einfach so. Ohne, dass ich es möchte und dennoch völlig selbstverständlich. Als würde ich mir etwas zu essen machen, sobald ich Hunger habe oder zur Toilette gehen, wenn ich muss. Erschreckend, findet ihr nicht? Wobei es mir nicht einmal um das Antworten von Whats App Nachrichten geht. Meistens will ich die Nachrichten "nur schnell" lesen, um sie dann nach ein paar Tagen endlich zu beantworten, weil mich das schlechte Gewissen plagt. Reine Neugier also. Notiz: meine Neugier ist größer als mein Ehrgeiz. (Ist das eine schlechte Eigenschaft?)

23.02.2016 16:15 Uhr - Musik
Nachdem ich also um 12:27 Uhr völlig unbewusst auf mein Handy schaute, sammelte ich mich und fasste den Entschluss nun endlich endlich das Handy außer Acht zu lassen. Und taaaadaaaa: es funktionierte. Mein Chef zwar zwischenzeitlich im Büro, sodass ich sicher sein konnte, dass wir miteinander sprechen werden, wenn es nötig ist und ich nicht ständig auf das Handy achten muss. Jede Whats App Nachricht, jedes Vibrieren, jede E-Mail, jede Eilmeldung ließen mich völlig unbeeindruckt. Ich muss an dieser Stelle aber auch gestehen, dass ich ab und zu immer mal wieder auf das Display schaute um die Uhrzeit zu checken. (Es ist ja nicht so, als gäbe es auch andere Möglichkeiten...) Ein Prozess, der ebenfalls schon völlig automatisiert in mir steckt. Und das, obwohl ich täglich meine geliebte Casio Armbanduhr trage. Verrückt. Als ich dann aber gegen 16:00 Feierabend machte, später  im Zug Richtung Heimat saß und wie selbstverständlich meine Kopfhörer anstöpselte und Musik anmachte, holte es mich ein... Bereits zum dritten Mal an diesem Tag. Ich muss aber zu meiner Verteidigung sagen, dass Zug fahren ohne Musik echt blöd ist. Ich nutze die 35 Minuten immer wieder gerne, um mit der Melodie in meinem Ohr abzuschalten.

23.02.2016 - 18:37 Uhr - Whats App Nachricht
Ich war dann also gegen 17:00 Uhr zu Hause, packte mein Handy gaaaaanz weit weg und kümmerte mich um Flocke, die schon gierig hin- und hersprang und nur darauf wartete, dass ich sie aus dem Käfig holte. (Süße Maus!). Sobald ich nach der Arbeit zu Hause bin, wird mein Handy tatsächlich zur Nebensache. An dieser Stelle muss ich mir aber auch ernsthaft die Frage stellen, ob mein iPad auch Smartphone in diesem Sinne oder klar von meinem iPhone zu trennen ist. Letztendlich haben sie nämlich für mich  beide dieselben Funktionen. Während ich mein Handy also zum Laden beiseite packte, kümmerte ich mich erst um Flocke und schaute dann YouTube Videos über mein iPad. Das iPad ist fester Bestandteil meiner "after work"-Routine geworden. Und ja, ich checkte auch meine sozialen Netzwerke wie Facebook, Instagram und Snapchat. (Notiz an mich selbst: das geht also auch ganz prima ohne Handy.) Erst als mir dann gegen 18:30 Uhr voller Schrecken einfiel, dass ich am Wochenende mit einer Freundin verabredet bin und ich ihr auf ihre Nachricht vom Wochenende noch immer nicht geantwortet hatte, griff ich zum Handy. Allerdings sehr bewusst. An dieser Stelle stell ich mir ganz klar folgende Frage: Warum habe ich nicht einfach zum Telefon gegriffen und sie angerufen? Die Antwort ist ganz einfach: ich kann es euch nicht sagen.

24.02.2016 - 04:40 Uhr - Handywecker
Ganz normal klingelte am Mittwochmorgen um 04:40 Uhr - zu diesem Zeitpunkt lief das für mich bereits gescheiterte Experiment exakt 16h und 40 Minuten - mein Wecker, nur um mich unsanft aus dem Schlaf zu rütteln und mich verräterisch an das Experiment zu erinnern, das hiermit bereits zum vierten Mal gescheitert war. Mmpf! Na super. Aber natürlich habe ich auch dafür wieder die passende Ausrede parat: ich besitze gar keinen anderen Wecker. Ohne mein Handy würde ich also 5 Tage die Wochen gnadenlos verschlafen. Erst letztens passierte es mir: mein Handywecker war nicht eingeschalten, sodass ich 20 Minuten vor Abfahrt meines Zuges aus dem Bett fiel und hektisch versuchte etwas zu essen, mich zu schminken, mir die Zähne zu putzen, mich anzuziehen und pünktlich am Bahnhof zu sein. Das bewies mir mal wieder, dass ich ohne Handy wirklich aufgeschmissen wäre und ich tatsächlich gar nicht mein Handy ausschalten kann, wenn ich pünktlich sein möchte. (Edit: Stimmt gar nicht! Mein iPad hat auch einen Wecker....) Wobei... um ehrlich zu sein: so wirklich verlässlich ist ein Handywecker auch nicht. Streikt das Handy oder ist der Akku alle, warten wir vergeblich auf den morgendlich Weckruf. Warum also verlassen sich dann so viele auf einen Handywecker?

24.02.2016 - 06:15 Uhr - Musik
Ich war so wütend! Ich schnappte mir im völlig überfüllten 06:00 Uhr Zug einen Platz. Gerade hatte ich mich hingesetzt, da sagte die Dame neben mir völlig aufgeregt: "Ich habe den Platz für eine Freundin freigehalten, mit der ich verabredet bin." Ich zuckte zickig mit den Schultern und sagte ihr, dass ich nun schneller war und es noch weitere 2 Plätze ihr gegenüber geben würde, auf denen sich ihre Freundin hinsetzen könnte. Ende vom Lied: die Freundin kam gar nicht!! Immer dasselbe. Plätze werden für irgendwelche Leute freigehalten, die dann nicht einmal erscheinen, während andere Leute 45 Minuten lang stehen müssen, weil ihnen der Platz verweigert wurde. Um nicht wie ein Stier vor mich hin zu schniefen, steckte ich mir die Musik in die Ohren und reagierte mich ab. Experiment gescheitert. Klappe, die 6. Und die Notiz an mich, dass mein Handy so viel mehr als nur ein Handy ist. Es ist mein Ruhepol in Situationen wie diesen. Beruhigend und erschreckend zugleich. Ich weiß nicht, wie ich diese Beobachtung an mir selbst beurteilen soll.

24.02.2016 - 07:40 - Anruf und SMS Nachricht
Wie ich es bereits in meinem "Eintrag" für den 23.02.2016 für kurz nach 12:00 Uhr eingetragen habe: es ist gar nicht möglich mein Handy während der Arbeitszeit auszuschalten, da ein Teil der Kommunikation mit dem Chef und Kollegen über das Handy stattfindet. Natürlich kam es auch hier für mich absolut nicht in Frage, den Anruf abzuweisen oder gar zu ignorieren, "nur" weil Lisch und ich das Experiment für unsere Kolumne vereinbart haben. Gerade bei Terminen, Dienstreiseanträgen und Rücksprachen ist es wichtig sich kurzfristig noch einmal per Anruf oder Telefonat kurzschließen zu können. Es kommt einfach sehr häufig vor, dass Unterlagen ins Plenum gebracht werden müssen oder wir aufgrund von Sitzungen nicht im Büro sind. An dieser Stelle glaube ich tatsächlich, dass ich es mit einem anderen Beruf bei diesem Experiment sicherlich einfacher gehabt hätte. Deswegen interessiert mich besonders: welchen Beruf übt ihr aus und wie wichtig ist dabei die Kommunikation mit dem Handy?

Das Selbstexperiment muss ich an dieser Stelle (leider) für gescheitert erklären. Zum Einen, weil ich dafür wohl zu wenig Selbstdisziplin hatte und zum Anderen, weil es mein Beruf so forderte. Und ja, mein Smartphone nimmt einen großen Teil meines Lebens ein. E-Mails z.B. bearbeite ich nur noch ausschließlich über das Handy. Meinen Laptop schmeiße ich lediglich zum Schreiben von aufwendigen Posts an oder um komplizierte Onlinebestellungen genau im Augen zu haben während ich sie abschließe. Aber ansonsten ist mein Handy überall wo ich auch bin: im Bett, in der Küche, am Schreibtisch, etc. Meine "größte" Angst dabei ist - und da bin ich sehr ehrlich - dass ich etwas verpassen könnte. Klingt doof, oder? Außerdem ist mir aufgefallen, dass ich immer wieder das Handy in die Hand nehme und auf den Display schaue, wenn ich nervös bin und nicht weiß mit mir anzufangen. Aber ich möchte an dieser Stelle auch unbedingt erwähnen, dass ich mein Handy im Ägypten Urlaub 2014 zu Hause liegen gelassen habe, während ich in der heißen Sonne Afrikas entspannte. Eine Beobachtung, die ich dabei machen konnte, war: ich habe den Urlaub viel intensiver wahrgenommen und hatte somit keine Chance mich von Benachrichtigungen ablenken zu lassen. Musik hören ging plötzlich auch über meinen alten MP3 Player, Internet brauchte ich sowieso nicht, Bilder haben ich mit einer richtigen Kamera gemacht und ich war nicht ständig damit beschäftigt auf der panischen Suche nach meinem Handy meinen Körper abzutasten. Natürlich war ich nach 1 Woche unendlich froh, mein Handy wieder in den Händen halten zu können, keine Frage. Aber es geht definitiv auch ohne. Denn - und das vergessen wir vielleicht alle: das Handy ist ein Luxusgut, das wir zum Überleben nicht benötigen. Es würde in der Bedürfnispyramide an aller letzter Stelle stehen, zu Recht.

So lief das Experiment für Lisch
'nen Drücker und bis ganz bald,

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