Ran an die Wurst: Sind Veganer die besseren Menschen?

15.07.2016
Mit meiner Meinung zur heutigen Kolumne werde ich bei der ein oder anderen Person sicherlich anecken. Aber das ist ok. Solange meine Meinung respektiert wird. Man muss nicht immer der selben Meinung sein, aber dennoch wissen, dass es auch Menschen gibt, die eine andere Einstellung haben. Lange Rede, kurzer Sinn: es geht um den Veganismus bzw. Vegetarismus. Ich habe das Gefühl, dass diese Thema seit nun etwa 3 Jahren unser aller Leben täglich beeinflusst und die Gesellschaft vielleicht sogar ein Stück spaltet. Die Meinung der Menschen könnten tatsächlich nicht weiter auseinander gehen. Und um ehrlich zu sein: teilweise hängt es mir bis zum Halse raus. 


[→ Lischs Gedanken zum Thema "Ran an die Wurst: Sind Veganer die besseren Menschen?"
findet ihr hier auf ihrem Blog.]

Wenn ihr meinen Blog schon eine Weile verfolgt, dann wisst ihr, dass ich weder vegan noch vegetarisch lebe. Ich könnte jetzt auch einfach sagen: ich lebe ganz normal.  Verständlicherweise werde ich mit dieser Aussage aber sicherlich für viel Unmut sorgen, sodass ich den Satz schnell wieder gestrichen habe. Wenn Veganer bzw. Vegetarier im Gegenzug behaupten würden, ich lebe unnormal, dann würde ich das ganz sicher auch nicht einfach so stehen lassen. Ihr merkt, sehr heikles Thema! Und ich bin gewollt, es so sensibel wie möglich anzugehen und dabei trotzdem meine Meinung zu vertreten.  Wie bereits oben geschrieben, lebe ich aktuell weder vegan noch vegetarisch und ich habe auch nicht vor, etwas daran zu ändern. Mir geht es gut damit. Nun wird der eine Teil von euch sicherlich denken: Schön, dass es dir gut geht. Den Tieren aber nicht. Ja, vielleicht erklärt ihr mich auch für wahnsinnig egoistisch und herzlos, aber damit kann ich leben.

Wenn ich im Restaurant bin und ein Schnitzel nach Wiener Art mit Pommes bestelle, dann fühle ich mich wie ein Dieb, der auf frischer Tat ertappt wurde. Ich habe fast schon das Gefühl, ich müsse mich mit meinem Teller unter den Tisch anstatt an den Tisch setzen, damit auch ja keiner sieht, was ich da gerade esse und wie sehr ich dabei genüsslich schmatze. Dann noch zu sagen, dass es schmeckt, wäre ein Verbrechen. Wenn ich ganz aufgeregt meine neuen Kosmetikprodukte auspacke, höre ich all die verurteilenden Stimmen in meinem Kopf läuten. Ich traue mich kaum einen Haul zu veröffentlichen und wenn doch, warte ich auf eure belehrenden Kommentare. In der Drogerie werde ich vor der L'Oreal Theke ganz skeptisch beobachtet. Hätte ich mich mal doch zur Tarnung irgendwo versteckt, denke ich mir, während die Dame, die mich zuvor beobachtet hat, kopfschüttelnd den Platz räumt. Ich zeige meinem Freundes- und Bekanntenkreis meine neue Geldbörse und muss mich für diesen Kauf rechtfertigen, nachdem ich die Frage , ob es sich um Echtleder handelt, bejaht habe. Hätte ich es ihnen mal lieber doch nicht gezeigt, denke ich mir währenddesen.

Ich esse gerne Fleisch. Kaufe Produkte, die an Tieren getestet wird. Esse gerne Käse auf einem noch warmen Brötchen. Trage ein Echtleder Portmonnaie mit mir herum. Esse Gummibärchen mit tierischer Gelantine. Ich nehme Medikamente zu mir, die an Tieren getestet wurde. Ich kann auf Dauer keinen Cut für alles setzen. Das geht nicht. Nicht für mich. Und ja, vielleicht möchte ich mich auch einfach nicht einschränken. Dafür ist mir mein Leben einfach zu lebenswert und ich genieße den "Luxus", der mir dadurch gegeben wird. Ich weiß, dass mir etwas fehlen würde und ich jederzeit wieder schwach werden würde. Gerade deswegen habe ich aber unheimlichen Respekt vor Leuten, die zu 100% vegan bzw. vegetarisch leben. Mit allen Konsequenzen. Aber geht das eigentlich? Kann ich z.B. gegen Tierversuche in der Kosmetik sein und dabei dennoch Medikamente einnehmen, die an Tieren getestet wurde? Ausreden wie "Das ist ja was gaaaaaaaaaaaaanz anderes!" lasse ich nicht gelten.

Und ehrlicherweise denke ich auch ein klein bisschen: wenn Veganismus bzw. Vegetarismus noch nie ein Thema war, warum sollte es das jetzt auf einmal werden?  Es ist beeindruckend und inspirierend, dass es Menschen gibt, die sich zum Wohl der Tiere einsetzen, handeln und nicht nur zusehen. Ich habe wirklich Respekt davor, ehrlich! Aber ich möchte, dass man akzeptiert, dass ich so nicht leben möchte und die Einstellung veganer/vegetarischer Leute nicht teile. Ich bin deswegen kein schlechter Mensch oder herzlos. Ich habe einfach nur beschlossen, dass diese Art zu leben, nichts für mich ist. Nicht jetzt. Nicht morgen. Nicht übermorgen. Vielleicht irgendwann. Ich schließe es nicht aus. Aber momentan ist es so. Ich möchte das machen, worauf ich Lust habe und dabei nicht blöd von der Seite angeschaut werden. Wenn all die Veganer/Vegetarier wollen, dass akzeptiert wird, wie sie leben, dann sollte im Gegenzug auch akzeptiert werden, wie ich lebe. Es geht mir einfach auf den Keks, dass ich mich immer und überall rechtfertigen muss, in der Kritik stehe und schief angeguckt werde. Warum kann ich nicht das tun, worauf ich Lust habe? Ich bin ein guter Mensch, mit viel Herz - auch für Tiere. Daran ändert kein Schnitzel, kein L'Oreal Produkt, keine Aspirin, kein Ei, kein Käse etwas. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben alle Veganer und Vegetarier irgendwann einmal ein solches Leben geführt. Wahrscheinlich hätte ich diese Kolumne lieber "Aufruf in eigener Sache" nennen sollen.
Über die Gedankenflug Kolumne
'Gedankenflug' ist eine Kolumne, die sich mit den alltäglichen Dingen beschäftigt. Mit allem, was das Herz in unserer heutigen Zeit bewegt oder auch einfach nur zum Schmunzeln bringt. Das Besondere: wir blicken in unserer Kolumne in zwei Richtungen, die manchmal nicht verschiedener und manchmal nicht näher beieinander sein könnten. Zusammen mit Lisch biete ich dir jeden Freitag einen Einblick in unsere Gedanken und unsere ganz persönlichen Meinungen. Ein starker Gegenwind ist immer erwünscht - feel free to talk with us.