Wer mit seinem Ex befreundet bleiben will, ist ein Psychopath! - Freundschaft mit Vergangenheit.

19.08.2016
"Wir können ja Freunde bleiben." Uuuurgh. Ich habe diesen Satz einmal an den Kopf geworfen bekommen und fand es ganz ganz furchtbar. Mit zerbrochenem Herzen saß ich vor ihm, wollte nichts mehr als seine Liebe und bekam stattdessen nur den Trostpreis. Tja, und Jahre später habe ich diesen Satz selbst in den Mund genommen. Ich bekomme gerade Gänsehaut, so unangenehm ist mir dieses Geständnis. Aber kann sowas denn wirklich funktionieren? Oder sind Freundschaften mit Vergangenheit schon von vorne herein zum Scheitern verurteilt? Möchte man mit seinem Ex Partner tatsächlich all seine Gedanken teilen?

[→ Lischs Gedanken zum Thema ""Wer mit seinem Ex befreundet bleiben will, ist ein Psychopath!" - Freundschaft mit Vergangenheit." findet ihr hier auf ihrem Blog.]

Ich habe das heutige Kolumnenthema aus zwei Perspektiven betrachtet. Aus der Perspektive, in der ich verlassen worden bin und aus der Perspektive, in der ich verlassen habe. Damals, ich war 16 Jahre alt, war ich unheimlich sauer auf ihn. Ich wusste, dass seine Worte keine Bedeutung hatten und sie nur ausgesprochen wurden, um mich zu beruhigen. Im Nachhinein staune ich immer wieder, wie stark und erwachsen ich zu diesem Zeitpunkt war und wie gut ich in dieser Situation reagiert habe. Ich weiß noch, dass sich die Tür hinter uns geschlossen hatte und ich in diesem Moment ganz genau wusste, dass zwischen uns beiden ein Cut gesetzt wurde. Für immer. Und ich wusste auch, dass es keine Freundschaft geben würde. Nicht jetzt. Nicht in zwei Jahren. Nicht in fünf Jahren. Nicht heute. Das wollte er sicherlich genauso wenig wie ich. Und das war und ist ok. Es ist ganz nett sich zufällig über den Weg zu laufen. Wie kann ich eine Freundschaft mit jemanden führen, der mich Jahre zuvor verlassen hat? Mit jemanden, den ich im Laufe der Zeit mit völlig anderen Augen betrachte? Mit jemanden, der mir so fremd und doch so nah ist? Der Grund, für die Freundschaft, die zwischen uns beiden nicht besteht, ist ganz einfach. (Und ich denke, dass ich dabei für uns beide spreche.) Wir haben abgeschlossen. Es ist einfach viel zu schön zu wissen, dass man sich zufällig über den Weg läuft, sich in den Arm nimmt, es dem anderen gut geht und man anschließend nach ein bisschen Small Talk wieder gehen kann. Mehr brauchen wir nicht. Unsere Zeit ist längst abgelaufen. Wir konzentrieren uns auf das, was vor uns liegt. Egal, wie unfair und unreif er damals auch gehandelt hat: ich bin dankbar für diese Erfahrung, die mich reifen lassen hat. Aber mehr brauche ich nicht. Mehr braucht er nicht. Und das hat absolut nichts damit zu tun, wie wir auseinander gegangen sind.

Obwohl mich der Trostpreis-Satz bei meinem Ex damals arg getroffen hat, habe ich ihn fünf Jahre später selbst in den Mund genommen, als ich vor Ex Nr. 2 saß und ihm das Ende unserer langjährigen Beziehung erklärte. Ich weiß, es ist keine Entschuldigung, aber mir ist dieser Satz einfach rausgerutscht. Und ehrlicherweise hatte ich auch ein bisschen gehofft ihn beruhigen zu können, ihm den Schmerz zu nehmen, den ich ihm in diesem Moment zugefügt habe. Diese Beziehung war mit der vorherigen gar nicht zu vergleichen. Und wahrscheinlich wäre eine Freundschaft im Vergleich gerade deswegen auch gar nicht so abwegig. Aber: ich will keine Freundschaft. Ich hatte immer so sehr gehofft, dass wir für immer miteinander verbunden sein können, weil wir die wichtigsten Etappen in unserem jungen Leben gemeinsam gemeistert haben, aber ich kann nicht. Und ich will nicht. Ich will nicht mit dem Menschen, den ich fünf Jahre lang geliebt habe, mit dem ich Sex hatte, mit dem ich gelacht und geweint habe über meine Männerprobleme reden. Niemals. Wir haben uns Namen für unsere Kinder ausgedacht, er kennt jede einzige Stelle meines Körpers. Nein, das geht nicht. Als wir zusammen waren, war er mein bester Freund. Mein Ein und Alles. Aber jetzt, neun Monate nach unserer Trennung weiß ich, dass ich mit dem Moment, in dem ich die Beziehung beendet habe, auch diese ganz besondere innige Freundschaft beendete. Diese Erkenntnis hat weh getan. Aber ganz egal wie sehr es auch schmerzt: ich will nicht, dass er alles über mich weiß. Ich will es nicht mehr. Wie soll Vertrauen auf freundschaftlicher Basis aufgebaut werden, wenn es selbst während der Beziehung nicht klappte? Meine Gedanken und Gefühle sind mir das Wichtigste. Und wie könnte ich diese mit einem Menschen teilen, der mir zuvor all mein Vertrauen raubte?

Es mag eine traurige Wahrheit sein, dass die Trennung die Qualität der Beziehung spiegelt. Denn Liebe und Freundschaft haben vieles gemeinsam. Darum kann eine Freundschaft nach der Trennung ganz fantastisch funktionieren - oder eben überhaupt nicht.
Über die Gedankenflug Kolumne
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