Ära der Schnelllebigkeit und die Zukunft von Blogs

23.09.2024
Spätestens seit Bianca Heinicke Ende Juli ihren eigenen Blog gelauncht hat, habe ich mich immer wieder mit der Frage konfrontiert gesehen, inwiefern Blogs in der Ära der Schnelllebigkeit eine Chance haben und wie es insgesamt um die Zukunft von Bloggern steht, wenn man nicht unbedingt den Background mitbringt, den Bianca Heinicke hat. Ich schreibe seit zwölf Jahren auf diesem Blog und betone immer wieder, dass ich mit diesem Blog gewachsen und nicht zuletzt auch erwachsen geworden bin. Meine Inhalte haben sich verändert - und das Internet auch. 



Schätzungsweise etwa 21% der Deutschen lesen noch Blogs. Das ist mehr, als ich erwartet hatte. Das Bloggen ist längst nicht mehr so populär und relevant wie früher. Viele Blogger haben das Handtuch geschmissen oder das Medium gewechselt. Insbesondere TikTok hat einen großen Teil zu dieser Veränderung beigetragen. Auf TikTok und Instagram können Menschen ihre Gedanken und Meinungen in Echtzeit teilen, ohne dafür einen Blogbeitrag tippen zu müssen. Die Inhalte werden dank Algorithmus direkt auf die Startseite von (potenziellen) Konsumenten und Followern gespielt. Die optimale Videolänge liegt zwischen 15 und 30 Sekunden. Zum Vergleich: An einem Blogbeitrag tippe ich zum Teil mehrere Tage. Hinzu kommen eigenständige Recherchen und ggf. das Korrekturlesen. Ist das Bloggen in Zeiten von TikTok, Instagram und co. ihre Zeit und Mühe noch wert? Lohnt sich der Aufwand? Liest das hier überhaupt noch jemand? Oder gehören Blogs längst der Vergangenheit an? 

Das Bloggen hat sich verändert. Und ich mich natürlich auch. Damals war ich 18, heute bin ich 30. Und ich hätte niemals gedacht, dass ich diesen Blog heute noch aktiv führen werde. Ich bin längst nicht mehr die Beauty Bloggerin von damals. Aber wer bin ich eigentlich und worum soll es hier gehen? Diese Frage stelle ich mir mehrmals im Monat. Eine richtige Strategie hatte ich noch nie. Wahrscheinlich sind deswegen auch viele andere Blogger an mir vorbeigezogen, während ich mit meinem Blog immer noch im stillen Kämmerchen sitze. Das Bloggen war immer schon ein Hobby und kein Nebenjob. Zu keinem Zeitpunkt ist auch nur ein einziger Cent auf mein Konto geflossen. Ich bin mit einer riesigen Schminksammlung gestartet, weil es das war, was ich geliebt habe. Zwischenzeitlich habe ich ein paar "buchige" Inhalte und Gedanken geteilt. Dann kam das Reisen und das Kochen hinzu; nicht zu vergessen die Tabuthemen. Inzwischen ist mein Blog einfach eine Sammlung all der Dinge, die mich beschäftigen und interessieren und somit ein ziemlich gutes Spiegelbild meiner Selbst. Ich möchte meinen Blog einfach keiner Kategorie zuordnen. Das fühlt sich nicht richtig an. Hier soll es nämlich um mich gehen und darum, was ICH mit anderen Menschen teilen möchte. Und im besten Fall gefällt euch das. Ich möchte mich mit meinen Inhalten identifizieren und guten Gewissens sagen können: Ja, das bin ich.

Instagram und Facebook waren damals wichtige Plattformen für mich, um als Bloggerin sichtbar zu werden. Wahrscheinlich hätte ich meine Reichweite durch eine intensivere Social Media Aktivität erhöhen können. Vielleicht hätte ich Werbung schalten oder mehr Kooperationen eingehen müssen. Ich wollte mich potenziellen Lesern allerdings niemals aufdrängen. In meiner Traumvorstellung landen hier nämlich freiwillig Menschen, denen es gefällt - und die später wiederkommen oder sogar bleiben. Spätestens mit TikTok hat sich die gesamte Ära allerdings verändert - und ich habe den Absprung verpasst. Meine Leserschaft hat sich langsam abgebaut, Klickzahlen sind mit jedem Monat mehr gesunken und die Interaktionen bzw. Kommentare haben nachgelassen. Mir ist es schlichtweg nicht gelungen, mich von der Masse abzuheben bzw. meine Reichweite von damals mithilfe von Social Media konstant zu halten.

Nicht zuletzt hat sich auch der Umgang auf Social Media im Laufe der letzten Jahre verändert. Es geht nicht mehr nur um die Inhalte, die geteilt werden, sondern auch um die Person dahinter. Die (vermeintliche) Authentizität wird ganz groß geschrieben. Nur bin ich eben älter, weiser und ruhiger geworden. Ich teile nicht mehr alles und bin sehr darauf bedacht, Privates privat zu lassen. Das schafft natürlich einen gewissen Abstand zur Leserschaft. Die Kunst besteht darin, andere Menschen am eigenen Leben teilhaben zu lassen, ohne dabei ins kleinste Detail zu gehen. Mit einem Blog muss man Zeit finden, Inhalte erstellen, konstant hochwertige Beiträge liefern und am Ball bleiben. TikTok hat dagegen den klaren Vorteil, immer und überall dabei zu sein. Das Handy ist schnell gezückt. Die Kurzvideos und Live Streams erlauben es, die Person hinter dem Bildschirm kennenzulernen und überall in Echtzeit begleiten zu können. Als Follower ist man mittendrin statt nur dabei. Diese technologischen Fortschritte der letzten Jahre haben auch dazu geführt, dass wir ständig neuen Inhalten und Trends ausgesetzt sind. Das wiederum führt langfristig zu einer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne, aber auch zu Stress, Überforderung und einem Gefühl der Entfremdung. Die Menschen möchten visuelle Inhalte sehen, abschalten, sich berieseln lassen. Auf gar keinen Fall wollen sie sich belesen und dafür eine Website über den Browser öffnen. 

So kam es jedenfalls, dass ich diesen Blog im Laufe der Zeit immer mehr hinterfragt und mir die Frage gestellt habe, ob Blogs in Zeiten von TikTok und Live Videos überhaupt noch eine Chance oder eine Sichtbarkeit haben. Mein Gefühl und meine Blogstatistiken sagen Nein. Ich dagegen habe entschieden, hier einfach so weiterzumachen wie bisher. Ich möchte meinen Lesern einen Moment der Ruhe geben und vielseitige Inhalte anbieten. Ich möchte meiner Leidenschaft nachgehen. Natürlich fehlen mir der Austausch und die Resonanz und eine kleine Ermutigung zum Weitermachen. Nicht selten frage ich nach dem Veröffentlichen eines Beitrags, was mich hier noch hält. Soll ich meine Energie lieber in andere Dinge investieren? Das Bloggen ist neben meinem Hauptjob eben auch ein großer Zeitfresser und bedeutet zugleich wieder mehr Bildschirmarbeit, an Tagen, an denen ich meine Freizeit auch anders gestalten könnte. Nicht zuletzt wird es wegen der technologischen Fortschritte immer schwieriger einen erfolgreichen Blog zu führen. (Wer legt eigentlich fest, wann ein Blog erfolgreich ist und wann nicht??)

Bianca Heinicke geht mit gutem Beispiel voran und hat mich mit der Veröffentlichung ihres eigenen Blogs wieder sehr bestärkt. In der Ära der Schnelllebigkeit gibt es immer noch einen Platz für Blogger, die authentisch und mit Leidenschaft dabei sind. Ja, oft kostet es mich wirklich Mühe, diesen Blog aufrecht zu erhalten. Etwas anderes zu behaupten wäre eine Lüge. Ich möchte allerdings auch zuversichtlich sein und Mut machen. Blogs sind eine wertvolle Quelle für Informationen und Inspiration. Und sie haben einen klaren Vorteil gegenüber TikTok: Informationen werden ausführlich weitergetragen, sie sind immer wieder abrufbereit und haben (im besten Fall) einen Mehrwert. Solange ich den Glauben daran nicht verliere und weiterhin mit ganzem Herzen dabei bin, gebe ich nicht auf.

Ich hoffe, meine wirren Gedanken ergeben Sinn. Das Schreiben ist jedenfalls, was ich liebe. Von dieser Leidenschaft lebt mein Blog seit mehr als zwölf Jahren. Ich habe im Laufe der Zeit neue Interessen entwickelt und dadurch zugleich eine neue Zielgruppe. Das bedarf immer wieder eine Umstellung. Mir ist aber auch wichtig, mich nicht ausschließlich als Bloggerin zu identifizieren. Ich bin nämlich immer noch Mareike. Und ich bin sensibel und dadurch einfach nicht gemacht für eine Welt, in der man ständig Kritik ausgesetzt ist. Dieser Blog ist Angriffspunkt genug für Menschen, die mich eigentlich nicht kennen. Ich möchte deswegen selbst entscheiden, worüber ich schreibe und was ich teile - vollkommen frei von Druck, Geld und Zahlen. Und ich möchte euch ermutigen und euch sagen, dass jeder von uns einen Blog führen kann. Ein Erfolgsrezept gibt es nicht. Bleibt euch treu, seid geduldig und leidenschaftlich. Macht euch frei von Gedanken, die ihr ohnehin nicht beeinflussen könnt.

Wie sind eure Gedanken zum Thema? Fühlt euch lieb gedrückt und bis bald! Eure Mareike

1 Kommentar:

  1. Ja, es lesen noch Leute Blogs und auch deinen - ich freue mich sehr, dass er weiterhin existiert :) Mein Eindruck ist auch, dass viele Leute nicht mehr im Internet surfen (und ich muss sagen, es schockiert mich ein bisschen, dass heutige Teens/Twens oft weniger "Internet-/Computerkompetenz" haben als vor 20 Jahren), weil sich alles aufs Smartphone verlagert hat: Man hat einen Minibildschirm, der sich fürs Lesen oder Schreiben längerer Texte nicht mehr anbietet, man geht nicht mehr ins Internet, sondern öffnet Social Media-Apps - ich hätte nie, nie, nie gedacht, dass ich nach 20 Jahren wieder Suchmaschinenwerbung sehen würde, weil die Leute nicht mehr googeln, sondern Fremde auf der Social Media-Plattform ihrer Wahl fragen (die oft nur Mutmaßungen abgeben, weil sie halt auch nur Laien in dem Thema sind).
    Videos sind für manche Dinge sehr praktisch, aber ja, vieles ist sinnfreie Berieselung. Ich habe um die 20 gefühlt das halbe Internet (Blogs, Foren usw.) durchgelesen und viel gelernt, neue Freunde und Hobbys gefunden - als introvertierter Mensch bevorzuge ich halt schriftliche Kommunikation. Ich frage mich wirklich, wo die Intros unter den Teenies heute online "hingehen" - Videos wären damals definitiv nicht mein bevorzugtes Format gewesen.
    Jedenfalls hoffe ich sehr, dass sich das Internet einen Teil seiner Schriftlichkeit bewahren kann. Mein Nähblog besteht seit 2012 und auch wenn immer weniger Kommentare kommen, treffe ich tatsächlich manchmal live auf Leute, die mir sagen, dass sie meinen Blog lesen :D
    Viele Grüße aus Westfalen und auf hoffentlich viele weitere Blogjahre :)
    Nria

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