Tabuthema: Sterben, Tod und Trauer - Das Leben ist endlich.

29.11.2021
Ich habe bereits über Altersunterschiede in Beziehungen geschrieben. Über weibliche Lust, hormonfreie Verhütung, Leben mit Narzissten, emotionale Erpressung und Darmerkrankungen. Der heutige Beitrag unterscheidet sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von den vorherigen: Es betrifft uns alle; vollkommen unabhängig von unserem Geschlecht, unserem Status, unserer Gesundheit, unserem Alter, etc. Die Themen Sterben, Tod und Trauer sind super komplex, gleichzeitig sehr sensibel und höchst emotional. 

So viel kann ich diesem Beitrag bereits vorwegnehmen: Wir werden alle sterben. Das Leben ist begrenzt. Ja, das muss man erst einmal sacken lassen. Auch wenn die Corona Pandemie das Thema Tod näher in den Fokus rücken lassen hat, so ist es (leider) immer noch ein weit verbreitetes Tabuthema in allen Generationen. Dabei gehört der Tod zum Leben dazu. Wer geboren wird, wird sterben. Das ist der Kreislauf des Lebens.



Aber warum scheuen sich so viele davor, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen? Viele Sterbende bereuen es oft, nicht eher über den Tod gesprochen zu haben. Ein Grund mehr, Hemmschwellen in der Kommunikation über das Sterben, den Tod und die Trauer abzubauen. Die nachfolgenden Zeilen sind mein Beitrag dazu - auch, wenn es nur ein kleiner ist. Gleichzeitig ist dieser Beitrag ein Appell an Euch, sich zumindest einmal mit Vollmachten, Organspende und Patientenverfügungen auseinanderzusetzen. Der Tod ist längst nicht mehr nur mit zunehmenden Alter ein Thema. Immer häufiger versterben auch junge Menschen; Menschen wie Du und ich.

Statistiken, Zahlen, Fakten...
Dass das Thema tabuisiert wird, heißt nicht automatisch, dass wir nicht darüber nachdenken. Ganz im Gegenteil. Eine Online Umfrage der YouGov Deutschland GmbH im Jahr 2020 hat ergeben, dass sich 78% der Deutschen ab 18 Jahre bereits mit dem Tod auseinandergesetzt haben. Die Gründe dafür sind vollkommen unterschiedlich: Für 62% ist das Älterwerden ein Grund; bei 47% waren Todesfälle bzw. für 31% Krankheiten im familiären Umfeld ein Auslöser. 24% der Befragten hingegen haben sich wegen einer eigenen schweren Krankheit mit dem Tod auseinandergesetzt.

Interessant ist aber auch, dass 2% der Befragten bestätigen, dass der Tod nur dann präsent ist, wenn jemand persönlich betroffen ist! Anderenfalls rückt das Thema gerne in die Ferne.

Im Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer gibt es nicht unwesentliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern. So sind z.B. Frauen diesen Themen gegenüber deutlich aufgeschlossener als Männer. Frauen teilen ihre Gedanken dazu auch mehr mit anderen. 44% der Frauen geben darüber hinaus an, sehr viel darüber nachzudenken. Zum Vergleich: Bei den Männern sind es dagegen nur knapp 29%. 44% der befragten Frauen und 38% der befragten Männer meinen, dass man sich in der Gesellschaft eher zu wenig mit den Themen Sterben, Tod und Trauer beschäftigt.

Eine Umfrage unter 16- bis 30-Jährigen hat außerdem gezeigt, dass es jungen Menschen weniger um die Angst, als viel mehr um den Sinn geht. So sagen z.B. 40% der Befragten, dass sie ihr Leben bewusst gelebt haben möchten. 38% fragen sich, was wohl nach dem Tod kommt und 42,6% äußern die Angst vor Schmerzen beim Sterben. Etwa jeder Dritte gibt an, keinem zur Last fallen zu wollen und jeder Vierte möchte nicht allein oder unbegleitet sterben. Die Angst vor Hilflosigkeit ist bei 23% der Befragten ein Thema, ebenso die Angst davor, plötzlich zu sterben (22%).

Na, hast Du Dich wiedererkannt?

Die Hoffnung auf ein ewiges Leben
Wie erfüllt ist das Leben, das ich lebe? Welche Träume habe ich? Wer bin ich? Wo stehe ich? Was möchte ich noch erreichen? Wir streben danach, im Hier und Jetzt zu leben, den Moment zu genießen und nicht an Morgen zu denken. Im Idealfall verläuft unser Leben, wie man es sich selbst immer gewünscht hat. Im Normalfall hat uns das Leben aber auch Umwege laufen und in Sackgassen gehen lassen. Das Leben stellt uns immer wieder auf eine harte Probe. Probleme, Sorgen, psychische Erkrankungen. Und dann die Erkenntnis: Das Leben ist begrenzt. Es gibt nicht mehrere verschiedene Chancen und Möglichkeiten, alles besser zu machen. Was passiert ist, ist passiert und kann nicht ungeschehen gemacht werden. Egal, wie sehr wir uns bemühen. Und während wir über den Sinn und Unsinn nachdenken, zieht das Leben einfach an uns vorbei. Krankheiten übermannen uns, eine Pandemie beherrscht das Land und Menschen sterben. Die Hoffnung auf ein ewiges Leben? Alles Illusion! Puff! Peng! Boom!

Dazu kommt, dass das Sterben oft als Niederlage empfunden wird. Ein Kampf, der verloren wurde. Dabei ist es das natürlichste auf der Welt. Wenn wir uns mit unseren Großeltern unterhalten, also einer Generation, die mit dem ersten und zweiten Weltkrieg konfrontiert wurde, stoßen wir auf Resignation und Ohnmacht. Sie sehen schlichtweg keine andere Möglichkeit, als das Thema einfach auszublenden. Die Erinnerungen an damals sind zu schmerzhaft.

Der Tod geht zugleich auch immer mit der Angst vor einem kompletten Kontrollverlust einher. Dem Schicksal ausgeliefert sein und nichts selbst in der Hand haben. Wie werde ich sterben? Wann werde ich sterben? Wo werde ich sterben? Sicherlich hast auch Du Dir diese Fragen schon einmal gestellt, was vollkommen legitim und nichts Ungewöhnliches ist. Der Tod soll am liebsten schnell gehen und nicht weh tun. Der Tod ist aber (leider) auch eine große Unbekannte. Niemand kann vorhersagen, wann und wie es uns trifft, wie es sich anfühlt und ob der Tod mit Schmerzen verbunden ist. 

Warum wir das Tabuthema Tod brechen müssen
Die Tabuisierung führt zu Unwissen und zu einem Übermaß an Ängsten, die wir hier und jetzt, also zu Lebzeiten, begrenzen können. Noch ist es nicht zu spät.
Fakt ist: Sterben, Tod und Trauer sind Themen, von denen wir alle – früher oder später – betroffen sein werden. Angehörige, Freunde, Bekannte werden sterben, ebenso wir selbst. Ob wir wollen oder nicht. Wir wissen nicht wann und wie, aber der Tod begleitet uns. Anders gesagt: Er ist uns auf der Spur. Der Tod schafft deswegen enorme Verbundenheit. Der Tod ist etwas, was alle Menschen gemeinsam haben!

Ich verstehe, dass die Konfrontation mit dem Tod Unbehagen und negative Gefühle auslöst. Ich selbst verspüre beim Schreiben dieser Zeilen ein Ziehen in der Brust und das dringende Bedürfnis, den Laptop einfach zuzuklappen und wegzurennen.  Unsere Eltern und Großeltern wollten meinen Bruder und mich möglichst vor dem Tod bewahren. Erst im Laufe der Jahre wurde die Kommunikation offener. Dabei hat die Enttabuisierung nur Vorteile. Mir liegt das Thema persönlich sehr am Herzen. Ich finde: Wir müssen uns alle bewusster mit dem Leben auseinandersetzen - mit den schönen und den weniger schönen Seiten. Ja, die Enttabuisierung nimmt uns vielleicht nicht das Unbehagen und den Schmerz, den die Themen verursachen, aber es kann das Verständnis und den Umgang erleichtern. Miteinander füreinander da sein. Die offene Kommunikation kann uns nicht zuletzt auch dabei helfen, mehr Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Lebensende zu finden und es gleichzeitig Angehörigen/Hinterbliebenen etwas erträglicher zu machen.

Sterbebegleitung: Palliativstationen und Hospiz
Wir wünschen uns alle einen unkomplizierten, schmerzfreien, möglichst einfachen und natürlichen Tod. Fakt ist jedoch auch, dass 23,5 % aller Verstorbenen im Jahr 2020 in Folge einer Krebserkrankung verstorben sind. Sicherlich gibt es auch in Eurem Familienkreis einen Fall. Schließlich ist es traurige Gewissheit, dass etwa 5% aller Krebsarten erblich bedingt sind. Hier kommen Palliativstationen und Hopizeinrichtungen ins Spiel.

Palliativstationen und Hospizeinrichtungen sind oft recht negativ behaftet und werden direkt mit dem Tod in Verbindung gebracht. Dabei geht es weniger um die Krankheit und den Tod selbst, sondern viel mehr um den Menschen! Anders gesagt: Palliativstationen und Hospizeinrichtungen sind eine ganz ganz tolle Sache! Die beiden Einrichtungen haben nämlich ein wichtiges Ziel: Das Sterben erleichtern, den Tod begleiten und Trauernde unterstützen. Palliativmediziner, Hospizbegleiter und Bestatter gebührt Dankbarkeit, Anerkennung und Respekt. Sie gehen mit gutem Beispiel voran und machen deutlich, wie es laufen kann, wenn wir uns den Themen Sterben, Tod und Trauer mehr öffnen. Es sei aber auch dazu gesagt, dass es für diese Berufe/Ämter unheimlich viel Stärke, Einfühlungsvermögen, Aufmerksamkeit und Sensibilität bedarf. Laut deutschen Hospiz- und Palliativverband engagieren sich mittlerweile mehr als 100.000 ehrenamtliche Sterbebegleiter. Und ich möchte auch betonen: Sie berichten von bereichernden Erfahrungen!

Unterschied Palliativstation und Hospiz
Die Palliativversorgung greift, wenn eine Erkrankung nicht mehr geheilt werden kann. Im Mittelpunkt steht dann die Sicherung der Lebensqualität, ebenso die pflegerische und psychosoziale Betreuung des Patienten und seiner Angehörigen. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Palliativstation und einem Hospiz? Weißt Du, worin sich die beiden Einrichtungen unterscheiden?

Palliativstationen sind spezialisierte Einrichtungen eines Krankenhauses. Ziel ist es, die krankheitsbedingten Beschwerden und Schmerzen zu lindern und den Gesundheitszustand möglichst zu stabilisieren, teilweise begleitet von Medikamenten. Alternativ zur Palliativstation besteht auch die Möglichkeit einer ambulanten Palliativversorgung. Die ambulante Palliativversorgung ermöglicht es, Menschen in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung (und in der Nähe ihrer Angehörigen) medizinisch und auch pflegerisch zu betreuen. Ein Hospiz dagegen ist eine vom Krankenhaus oder Seniorenheim unabhängige Pflegeeinrichtung. Die Versorgung im Hospiz hat das Ziel, sterbenden Menschen ein würdiges und selbstbestimmtes Lebensende zu ermöglichen. Die Umgebung ist häuslich, angenehm, ruhig. Die Wartelisten für einen Hospizplatz sind übrigens sehr lang; der Bedarf entsprechend groß. Die Aufnahme ist oft nur möglich, wenn die ambulante Versorgung zu Hause nicht ausreicht und/oder eine anderweitige stationäre Unterbringung nicht möglich ist.

Vorsorge: Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Lebensende
Die Tabuisierung der Themen Sterben, Tod und Trauer hat zur Folge, dass nur sehr wenige Menschen sowohl organisatorisch als auch finanziell für den eigenen Tod (vor)sorgen. Dabei könnten wir es unseren Hinterbliebenen (und nicht zuletzt auch uns selbst!) ein wenig einfacher machen, z.B. mithilfe eines Organspendeausweises, einer Patientenverfügung, Vollmachten und klaren Äußerungen/Entscheidungen darüber, wie vorgegangen werden soll, damit alles möglichst im eigenen Sinne geschieht. Wer regelt z.B. Deine Angelegenheiten, wenn Du es nicht mehr kannst? Sei Dir bewusst: Jeder von uns kann (unabhängig vom Alter) in Situationen geraten, in der letztendlich andere für Dich entscheiden müssen!

Und gerade WEIL der Tod immer noch streng tabuisiert wird, möchte ich an Dich appellieren und Dir sagen: Eröffne die Kommunikation im Familienkreis, mit Angehörigen und Freunden! Haben Deine Eltern eine Vorsorge getroffen? Gibt es Schriftstücke, in denen festgehalten ist, wie in Notfällen vorgegangen werden soll? Dokumente, in denen Wünsche/Entscheidungen niedergeschrieben wurden? Falls nicht, welche Vorsorgemaßnahmen sollten unbedingt noch getroffen werden?

Ich möchte nachfolgend vier Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Lebensende aufzeigen. Es geht um die Patientenverfügung und um die Vorsorgevollmacht, ebenso um die Möglichkeit der Organspende und um das strittige Thema Sterbehilfe. Ich werde Euch die Entscheidung für oder dagegen nicht abnehmen können, aber ich kann Euch hoffentlich sensibilisieren, zur Kommunikation beitragen und Euch die Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Lebensende verständlich aufzeigen.

Patientenverfügung
Mit einer Patientenverfügung habe ich mich erstmals vor drei Jahren auseinandergesetzt. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als ich das erste Mal mit diesem Wort konfrontiert wurde. Als klar war, dass meine Oma nicht mehr aufwachen wird und die Fragen über weitere (medizinische) Maßnahmen geklärt werden mussten. Rückblickend empfinde ich es als echten Segen, dass meine Oma genau eine solche Patientenverfügung vor ihrem Tod hinterlegt hat, in der sie ihre Wünsche und Entscheidungen schriftlich festgelegt hat. So schmerzhaft der Verlust auch war, so tröstlich fühlte es sich an, dass wir ihren Wünschen nachkommen konnten und zusätzlich zu all dem Schmerz keinen Gewissenskonflikt austragen mussten. Maschinen abstellen oder anlassen? Meine Oma hat die Entscheidung für ihr Ableben bereits zu Lebzeiten getroffen.

Nun habe ich das Wort bereits ein paar Mal verwendet, aber was ist eine Patientenverfügung eigentlich? Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem schriftlich festhalten wird, welche medizinischen Maßnahmen im Sterbefall vorgenommen oder unterlassen werden sollen, falls jemand nicht mehr selbst darüber entscheiden kann. Die dort festgehaltenen Wünsche sind für alle Ärzte bindend - und daher straffrei. Kurzum: Mithilfe einer Patientenverfügung wird sichergestellt, dass der Patientenwille umgesetzt wird - auch, wenn er in der gegenwärtigen Situation selbst nicht mehr geäußert werden kann.

Spätestens nach dem Tod meiner Oma stand für mich schnell fest, dass ich unbedingt eine Patientenverfügung hinterlegen möchte. Es war mir ein großes Bedürfnis, im Notfall meinen Angehörigen die Entscheidung abzunehmen und gleichzeitig meine eigenen Wünsche klar zu definieren. Schließlich kann es jederzeit passieren, dass ich plötzlich umkippe, nicht mehr ansprechbar bin und eine Entscheidung über das weitere Vorgehen getroffen werden muss, ohne dass ich meine eigene Entscheidung selbst aussprechen kann. Es ist nicht das, was ich mir für mich wünsche. Kein Tod, den ich so erleben möchte. Aber im Fall der Fälle möchte ich meinen Angehörigen zumindest eine Entscheidung abnehmen.

Bis zum zum 18. Lebensjahr entscheiden die Eltern über die Behandlungsmöglichkeiten ihrer Kinder, aber spätestens mit der Volljährigkeit sollte sich jeder von uns zumindest einmal Gedanken um eine Patientenverfügung gemacht haben. Bitte informiere Dich! Spreche mit Deinen Angehörigen, Deinem Hausarzt, einem Notar o.ä. Infos gibt es z.B. hier.

Vorsorgevollmacht/Bankvollmacht
Ergänzend zur Patientenverfügung möchte ich noch auf die Vorsorgevollmacht hinweisen. Eine Vorsorgevollmacht legt fest, welche Person stellvertretend für Dich handeln, entscheiden und Verträge abschließen darf, wenn Du diese Dinge nicht mehr selbst bewältigen kannst. Diese Person ist ein Angehöriger und/oder eine Vertrauensperson. Bei einer Vorsorgevollmacht denke ich z.B. an Verträge, den Einzug in ein Pflegeheim und finanzielle Angelegenheiten. Aber auch persönliche Wünsche kannst Du in einer Vollmacht klar formulieren, z.B. welche Dinge unbedingt ins Heim mitgenommen werden sollen. Ehepartner und Kinder dürfen nämlich nicht einfach automatisch für Dich entscheiden. Das gilt übrigens auch für Bankvollmachten! Die Bankvollmacht ermöglicht es, dass Bevollmächtigte (auch über den Tod hinaus) finanzielle Angelegenheiten regeln dürfen und im Todesfall vollen Zugriff auf Konten erhalten.

Eine Bankvollmacht habe ich bereits vor einigen Jahren hinterlegt - und es bisher nicht bereut. Sicher sei auch dazu gesagt, dass die Frage der Bevollmächtigten sehr gewiss getroffen werden sollte.

Organspende
Das Thema der Organspende ist mir besonders wichtig, denn: Organspende ist (meiner Meinung nach) gelebte Solidarität. Sie entscheidet für viele Menschen über Leben oder Tod. Zu viele Menschen sterben, weil zu wenig Menschen ihre Organe spenden. Seid Euch bewusst, dass jeder von uns von jetzt auf gleich auf eine Organspende angewiesen sein kann, z.B. nach einem plötzlichen Unfall oder wegen einer schweren Krankheit. Umso wichtiger ist es, dass sich möglichst viele Menschen mit dem Thema auseinandersetzen. Aktuell stehen etwa 9.400 Menschen aus Deutschland auf einer Warteliste. Sie alle sind auf eine passende Organspende angewiesen; bedeutet: es muss jemand gefunden werden, dessen Organ ihnen übertragen werden kann. (Eine Entscheidung für oder gegen die Organspende sollte zusätzlich zum Organspendeausweis übrigens auch in einer Patientenverfügung hinterlegt werden!)

In Deutschland gilt für die Organspende bisher die sogenannte Entscheidungslösung: Eine Organspende nach dem Tod ist nur dann zulässig, wenn der mögliche Spender zu Lebzeiten eingewilligt oder sein nächster Angehöriger der Spende zugestimmt hat. Hier kommt der Organspendeausweis ins Spiel:
In einem Organspendeausweis könnt ihr festhalten, ob ihr Eure Organe spenden wollt oder nicht und wenn ja, welche Organe. Ich kann keine Entscheidung für oder gegen eine Organspende für Euch treffen, möchte Euch aber einen Organspendeausweis unbedingt ans Herz legen und dafür appellieren, sich zumindest einmal mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mehr Infos gibt es hier.

„Berechtigung zum Sterben“
Im Übrigen halte ich es für einen fatalen Fehler, dass ausschließlich alte Menschen scheinbar eine „Berechtigung zum Sterben“ bekommen. Ich schreibe das, weil ich nach dem Tod meiner Oma öfters auf Aussagen wie "Sie hatte ein gutes Alter" gestoßen bin. Getreu dem Motto: Sie war alt genug. Sie hatte ihr Leben. Es ist ok, dass sie nicht mehr bei uns ist. Dem steht selbstverständlich der Tod von jungen Menschen gegenüber. Hier heißt es oft: „Er/Sie hatte noch sein/ihr ganzes Leben vor sich!“ Sicherlich sind solche Äußerungen weder böse noch despektierlich gemeint. Mich machen sie dennoch wütend. Als könnte man den Tod an einem Alter oder einer simplen Zahl festmachen. In der Kommunikation mit anderen Menschen ist mir immer wichtig zu betonen:

Egal, wie fortgeschritten die Medizin ist: Menschen sterben jung und Menschen sterben alt. Menschen sterben gewollt (z.B. durch Suizid), plötzlich und/oder ungewollt (z.B. durch einen Unfall oder wegen einer Krankheit). Und weder das Eine noch das Andere ist erträglich(er). Jeder Tod ist in gleichen Maßen zu betrauern, unabhängig vom Alter und der Todesursache. Was bringt es einen Menschen alt zu sterben, wenn er längst nicht mehr aktiv am Leben teilnehmen kann? Wenn dieser Mensch schwerkrank und derart eingeschränkt ist? 

Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um auf das Thema Sterbehilfe sprechen zu kommen.

Gewissensfrage Sterbehilfe
Das Thema der Sterbehilfe ist seit Jahren ein heißdiskutiertes, nicht enden wollendes, sehr sensibles und nicht zuletzt auch sehr polarisierendes Thema, bei dem sich Mediziner, Philosophen, Kirche und Politik streiten. Es ist eine Debatte über Moral, Selbstbestimmung und sozialen Druck, über Leben und Tod, Würde, Religion und Ethik. Ich habe mich persönlich schon viel damit beschäftigt, verspüre aber dennoch ein großes Unbehagen. Ich kann das Für und das Wider verstehen und halte es für ungemein wichtig, zumindest über Sterbehilfe aufzuklären. So unterscheidet man z.B. zwischen zwei Arten der Sterbehilfe: die aktive und die passive Sterbehilfe.

Die aktive und passive Sterbehilfe 
Zunächst solltet ihr wissen: In Deutschland ist die aktive Sterbehilfe verboten. Sie wird nach § 216 des Strafgesetzbuches strafrechtlich verfolgt. Von aktiver Sterbehilfe spricht man, wenn eine Person auf Wunsch eines Sterbenden aktiv Beihilfe zu dessen Tod leistet. Das kann zum Beispiel dadurch passieren, dass jemand einem schwerkranken Patienten eine Überdosis Medikamente verabreicht, die den Tod verursacht.

Passive Sterbehilfe wird oft im Hospiz geleistet. Von der passiven Sterbehilfe ist dann die Rede, wenn lebenserhaltende Maßnahmen nicht mehr fortgeführt werden und dadurch der Todesfall eintritt. Das ist dann der Fall, wenn z.B. lebensnotwendige Medikamente nicht mehr verabreicht oder Beatmungsgeräte abgeschaltet werden. Wie gesagt: Meine Oma hat bereits zu Lebzeiten in einer Patientenverfügung festgelegt, ob im Sterbefall lebenserhaltende Maßnahmen getroffen werden sollen. Und exakt diese, auf der Patientenverfügung basierende Sterbehilfe, ist straffrei.

Die indirekte Sterbehilfe
Und dann gibt es noch die indirekte Sterbehilfe. Um das Leid von sterbenden Menschen zu lindern, werden in manchen Fällen starke Schmerzmittel von Ärzten verabreicht. Diese verbessern kurzfristig den Zustand von Sterbenden, verhindern jedoch nicht den Sterbefall. Die indirekte Sterbehilfe kann auch eine mögliche Verkürzung des Sterbeprozesses sein.

Pro und Contra Sterbehilfe
Wie gesagt: Das Thema Sterbehilfe löst (zu Recht) viele Debatten aus. Die Debatten werden geleitet von Moral, Ethik, Glaube und Religion. Und ich will auch sagen: Das ist gut so! Es muss darüber gesprochen werden! 

Was genau spricht für die Sterbehilfe und was dagegen? Vor allem sterbenskranke Menschen fühlen sich oft entmündigt, wenn sie nicht selbst bestimmen dürfen, wann ihr Leid ein Ende finden soll. Todkranke Menschen, denen die Sterbehilfe verweigert wird, könnten unter Umständen nach anderen Wegen suchen ihr Leben zu beenden. Diese drastische Entscheidung kann unter Umständen mit vermeidbaren Schmerzen und Leiden verbunden sein. Nicht zuletzt bringen auch viele Krankheitsverläufe grausame Schmerzen mit sich, die sich nicht immer durch Medikamente kontrollieren lassen. Und nicht selten erwartet die Patienten dann ein qualvolles Ende. Für die Sterbehilfe spricht also, dass (kranken) Menschen ein selbstbestimmter Tod ermöglicht werden kann.
Gegen die Sterbehilfe könnte sprechen, dass Entscheidungen für oder gegen den Tod vor allem in (scheinbar) aussichtslosen Situationen zu voreilig getroffen werden. Auch geht es um die Frage der
organisierten Suizidbeihilfe, kurz gesagt: Aus Angst vor dem Tod wird der sichere Wege des präventiven Todes gewählt. Es heißt zum Teil auch, den Suizid zu befürworten, wäre zynisch, verachtend und rücksichtslos. Viele Mediziner berufen sich zudem auf den „Hippokratischen Eid“, der als Symbol für das ethische Handeln von Ärzten steht. Dazu gehört das Gebot, den Kranken nicht zu schaden. Schwangerschaftsabbrüche und die aktive Sterbehilfe werden ausdrücklich untersagt. Das Leben eines Menschen muss auf jeden Fall geschützt werden; Ärzte müssen das Leben erhalten, anstatt es zu beenden. Der Eid wird allerdings (in seiner ursprünglichen Form) heute nicht mehr geleistet und ist auch nicht rechtswirksam.

Ich möchte Euch - vollkommen unabhängig von unserer aller Meinung - an dieser Stelle die folgenden beiden WDR Dokus zum Thema Sterbehilfe empfehlen: Sterbehilfe: Über mein Ende will ich selbst entscheiden und Ich will so nicht mehr leben! Streitfall Sterbehilfe. Im Laufe meiner Recherchen bin ich zudem auf eine alte Pflegeweisheit gestoßen, die mich noch nachhaltig sehr beschäftigt hat: "Es gibt kein unwürdiges Leben, sondern nur unwürdige Lebensumstände." Ich lasse diesen Satz einfach unkommentiert hier stehen und auf Euch wirken, aber - uff.... Ihr merkt: ich habe mich wirklich viel mit dem Thema auseinandergesetzt und ich muss gestehen, dass das Thema der Sterbehilfe sehr komplex und wichtig ist, mich aber auch mit einer derartigen Wucht erschlägt, dass es mich zugleich unheimlich müde macht. Sterbehilfe ist eben ein sehr persönliches Thema. Das Für und Wider wird häufig von unseren eigenen Erfahrungen geleitet.

Das Geschäft mit dem Tod
Nach dem Tod bleibt für Angehörige und Hinterbliebene nur wenig Raum für große Trauer. Aber damit nicht genug. Was nach dem Tod folgt, ist nichts anderes als stumpfe Bürokratie. Und - zugegeben - man weiß gar nicht so recht, wo man beginnen soll. Was ist nach dem Tod wichtig? Welche Maßnahmen müssen nun getroffen werden?
Es geht vor allem um die Frage der "letzten Ehre": Bestattung, Trauerfeier und allem, was dazu gehört. Bis zum Ende des Jahres 2003 gab es das gesetzliche Sterbegeld: Hinterbliebene erhielten im Todesfall eine finanzielle Unterstützung, um die Bestattungskosten tragen zu können. Seit der Abschaffung muss aber jeder selbst die gesamten Bestattungskosten tragen. Oft stellen diese Kosten erhebliche finanzielle Belastungen für die Hinterbliebenen dar. Ich spreche daher auch gerne von dem "Geschäft mit dem Tod", wenn es um die Frage der letzten Ehre von Verstorbenen geht. Konkreter gesagt: Der Tod ist ziemlich teuer.

Es ist traurige Gewissheit, dass die Kosten für Bestattungen immer wieder unterschätzt werden. Wusstest Du schon, dass die durchschnittlichen Kosten für Bestattung und Trauerfeier bei etwa 6.000 bis 8.000€ liegen? Das sind übrigens etwa 2.000€ mehr als viele schätzen würden. 
Wer sich schon einmal mit der finanziellen Vorsorge für den eigenen Tod auseinandergesetzt hat, ist dabei sicherlich auch auf die Sterbegeldversicherung aufmerksam geworden. Der Sinn und Unsinn dieser Versicherung ist strittig: Die Bestattungskosten müssen nämlich in der Regel von den Erben bezahlt werden – meist aus dem Erbe. Also könnte man fast meinen, die meisten Verstorbenen zahlen ihre Beerdigung ohnehin selbst. Letztlich ist es aber jedem selbst überlassen, eine solche Versicherung abzuschließen - oder eben nicht. 

Trauerbewältigung: Die Phasen der Trauer
Egal, wie vorbereitet man denkt zu sein - der Tod erwischt vor allem Trauernde eiskalt. Schließlich sind es die Hinterbliebenen, die sich dem schmerzvollen Verlust stellen müssen. Keine Worte können heilen, was der Schmerz verursacht: ein kaputtes Herz und unendliche Traurigkeit. Nach Sigmund Freud lässt sich die Trauer in vier Phasen einteilen. Gleichzeitig möchte ich auch betonen, dass der Umgang mit Trauer sehr individuell ist! Trauer lässt sich in folgenden Phasen einteilen:

1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen.
Die erste Phase ist vergleichbar mit einem Schockzustand. Dieser Schockzustand kann stunden- oder tagelang anhalten und ist sicherlich auch davon abhängig, wie nahe man sich stand. Es ist, als wäre man wie erstarrt. 

2. Phase: Aufbrechende Emotionen. Gefühlsausbrüche
In der zweiten Phase brechen die ersten Dämme: Emotionen suchen sich ihren Weg, man wird von Gefühlen wie Angst oder auch Wut übermannt und sucht nach Erklärungen. In dieser Phase ist es besonders wichtig, sich jemanden anvertrauen zu können und nicht allein zu sein. 

3. Phase: Suchen und Sich-Trennen. 
Die dritte Phase ist die Phase, in der man sich den Verlust bewusst macht. Es wird klar, was der Tod verursacht hat und wie groß die Lücke ist, die verursacht wurde. Diese Phase kann Wochen, aber auch Jahre dauern.

4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug.
Ist die dritte Phase abgeschlossen, öffnet sich der Blick. Es ist als würde man die Welt und sich selbst neu entdecken.

Nicht verarbeitete Trauer: Auswirkungen und Symptome
Wenn es nach den verschiedenen Phasen der Trauer geht, hat meine "Trauerbewältigung" bereits nach der ersten Phase aufgehört und direkt an die vierte Phase angeknüpft. Es war im Frühjahr 2018, als mich der Tod meiner Oma zeitgleich mit mehreren persönlichen Veränderungen übermannt hat. Als ich mich irgendwo zwischen erster eigener Wohnung, Reiselust, Gewichtsabnahme und Jobwechsel befand. Drei Jahre später beginne ich also wieder von vorn, was den Schmerz auf eine ganz unangenehme Weise aufkeimen lässt und mir die Wichtigkeit der Trauerbewältigung einmal mehr deutlich macht. Auch wenn ich hoffe, dass die nächste Trauer noch eine Weile auf sich warten lässt, so weiß ich schon jetzt, dass ich es unbedingt anders machen möchte. Dass ich der Trauer mehr Raum und Zeit geben muss. Unterdrückte Gefühle und Emotionen suchen sich früher oder später einen Weg und erwischen uns kalt. Trauer hat kein Verfallsdatum. Trauer hat ihre Berechtigung.

Ich hatte also nicht nur mit dem Schmerz des Verlustes zu kämpfen, sondern auch mit den Reaktionen in meiner Umgebung: Überforderung traf auf übertriebene Anteilnahme, aber auch auf Unverständnis und unangenehmes Schweigen. Das, was mir wirklich geholfen hätte, die ehrliche Anteilnahme, blieb in vielen Fällen aber aus.

Unterdrückte Trauer – also Trauer, die scheinbar nicht gefühlt werden soll/darf – behindert den Heilungsprozess und sucht sich früher oder später ihren Weg. Wer Trauer unterdrückt und nicht verarbeitet, begegnet langwierigen seelischen, psychosozialen und auch körperlichen Symptomen. Es gibt zwar zahlreiche Möglichkeiten, mit der Trauer umzugehen, aber nicht jeder Mensch trauert auf dieselbe Art. Gravierende Unterschiede gibt es nicht nur in den Generationen, sondern auch unter Geschlechtern. 

Ablenkung kann helfen: Sport, Arbeit, Hobbys, Unternehmungen, Spaziergänge. Eine weitere Möglichkeit ist, Emotionen, Gefühle und Trauer schriftlich festzuhalten. In jedem Fall sollte aber über die Trauer gesprochen werden: mit Angehörigen, Freunden und/oder Therapeuten. Es gilt, Kraft zu tanken, der Trauer Raum zu geben und das Erlebte zu verarbeiten. Das bedarf unter Umständen viel Zeit, aber auch kleine Schritte sind wichtig, um zurück ins eigene Leben zu finden.

Die pathologische Trauer
Hast Du schon einmal von der pathologischen Trauer gehört? Bei der pathologischen Trauer handelt es sich um eine Trauerstörung. Menschen, die unter dieser Störung leiden, können auch nach Monaten oder Jahren den Tod eines Menschen nicht akzeptieren und sind daher nicht in der Lage, die Trauer in ihr Leben zu lassen. Pathologische Trauer kann fatale Folgen für die Betroffenen haben: Alkoholismus, Verwahrlosung und Medikamenten- oder Drogenmissbrauch, ebenso wie psychische Folgeerkrankungen, wie z. B. Angststörungen oder Depressionen.

Im Fall einer Trauerstörung sollte unbedingt eine Therapie in Anspruch genommen werden. Diese Therapie hat keine „Heilung“ zum Ziel, sondern in erster Linie die Akzeptanz und Integration von Tod, Verlust und Trauer in das eigene Leben. Trauer verläuft niemals nach Schema F und ist nicht automatisch einem Menschen ins Gesicht geschrieben. Jeder Mensch trauert auf unterschiedliche Art.

Fazit
Dem Tod entkommt keiner. Leben bedeutet auch gleichzeitig sterben. Das ist eine bittere Erkenntnis, aber auch Grund genug, den Tod bewusst in unser Leben zu lassen. Privat und öffentlich sollte verstärkt darüber gesprochen und dem Thema mehr Raum gegeben werden. Schließlich sind wir alle Betroffene. Der Tod vereint.
Wir sind uns sicherlich auch einig, dass in allen Generationen noch enorm viel Aufklärungs- und Informationsbedarf besteht. So könnten die Themen Sterben, Tod und Trauer z.B. im Schulunterricht behandelt werden. Die Kommunikation muss gestärkt werden, ebenso das Wissen, dass unser aller Leben begrenzt ist. Natürlich kann die eigene Vorsorge für den Tod in Form von Vollmachten, Verfügungen, etc. Ängste lindern - aber sie eben nicht gänzlich nehmen. Auch wenn es hart klingt: Der Tod ist eine große Unbekannte. 

Ein ewiges Rätsel ist das Leben - und ein Geheimnis bleibt der Tod...

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